Eine Gruppe Mütter sitzt mit ihren Säuglingen unter einem großen Baum, mitten im Kaifu, den City-Freibad Hamburgs in Eimsbüttel. Ich sitze daneben und folge dem Gespräch. „Hast du am Volksentscheid teilgenommen?“ – „Nein. Ich habe es noch überlegt, aber dann vergessen. Mein Mann und ich hätten uns aber sowieso gegenseitig aufgehoben, weil er dafür und ich dagegen gestimmt hätte.“ – „Ah.“ – „Eigentlich bin ich für längeres gemeinsames Lernen, aber seit der Erhöhung der KITA-Gebühren glaube ich nicht mehr daran, dass die Schulreform gut für die Kinder ist. Ist son Gefühl.“ – „Ah.“Hamburg, Tor zu Welt, Eingangstür für Menschen aus aller Welt, hat sich gegen die Primarschule entschieden. Das heißt, die Mehrheit der Menschen, die am Volksentscheid teilgenommen haben. Viele haben nicht abgestimmt. Man kann daher nicht sagen, dass eine Mehrheit der HamburgerInnen gegen längeres gemeinsames Lernen ist. Das Bürgertum hat einen Klassenkampf geführt und gesiegt. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Die Hamburger CDU ist bildungspolitisch gespalten und hat nur offiziell der Schulreform ihren Segen gegeben. Bildung ist ein Thema der Mittel- und Oberschicht – deswegen haben es viele Menschen gar nicht als ihr Ding angesehen, am Volksentscheid teilzunehmen. Zehntausende durften zudem gar nicht teilnehmen, weil sie die deutsche Staatsbürgerschaft nicht besitzen. Und dann sind da die Menschen gewesen, die wie die Mutter aus dem Freibad, die an der Glaubwürdigkeit des Senats und an der kindgerechten Verwirklichung der Schulreform zweifelten.
Aber Glaube versetzt nicht nur Berge, er zementiert auch das Denken. Die Erhöhung der KITA-Gebühren hat die Glaubwürdigkeit des Senats dermaßen erschüttert, dass man davon ausgehen muss, dass damit die fehlenden Stimmen für eine Mehrheit zur Primarschule verloren gegangen sind. Die Verantwortlung dafür trägt Sozialsenator Dietrich Wersich. Und auch die familienpolitische Sprecherin der GAL, Christiane Blömeke. Sie ließ keine Gelegenheit ungenutzt, das Vorgehen zu rechtfertigen, „wenn es auch schmerzhaft sei“. Beide müssen sich der Verantwortung stellen und ihre Konsequenzen ziehen.
Es ist nun das Mindeste, dass die KITA-Gebühren-Erhöhung zurückgenommen und der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für Zweijährige wieder hergestellt wird. Geld ist ja nun dafür da. Inhaltlich wäre dies zu dem ein Beitrag für die Herstellung von zumindest etwas mehr Bildungsgerechtigkeit.
Neulich, in einem Hamburger Freibad …
Kategorie:Senioren /
Schreibe einen Kommentar