Diese Bürgerschaftssitzung würde die Linke sicher gern schnell vergessen“, schreibt BILD heute auf ihrer Seite 5 oben rechts und macht sich über unsere Abstimmniederlage zur Abschaffung der Studiengebühren lustig. Außerdem höhnt sie, dass wir mit einer Enthaltung zu einem CDU-Antrag, der eine Straße in Hamburg fordert, welche an das Ende der DDR erinnert, allein auf weiter Flur gestanden hätten.
Alltagsredewendungen sind nicht nur wenig originell in einem journalistischen Text, sie sollten wenigstens stimmen, wenn Leute damit ihr Geld verdienen. Armer Ludwig Uhland (1787-1862) kann ich da nur sagen. Der dichtete einst: Ich bin so hold den sanften Tagen, Das ist der Tag des Herrn! Ich bin allein auf weiter Flur; Noch eine Morgenglocke nur, Nun Stille nah und fern. Sein Vers wird nun von BILD verhunzt. Denn hold in sanften Tagen findet uns BILD sicherlich nicht. Und dass wir diese Sitzung gern vergessen würden, stimmt auch nicht. Im Gegenteil: SPD und GAL sahen ziemlich bedrappst aus, als sie begünden mussten, warum sie gegen die Abschaffung der Studiengebühren sind, obwohl sie eigentlich dafür sind. Beim Aufruf der Abgeordnetennamen durch die von uns namentlich geforderte Abstimmung klangen einige Sozi- und Grünen-Stimmen auch recht kleinlaut. Ich hoffe, die Studierenden machen sich ihren Reim darauf – vielleicht nicht so platt wie BILD.
Eine Straße in Hamburg, die „Friedliche Revolution“ heißt oder ein Platz „der Wiedervereinigung“, lässt sich vielleicht finden. Hätten die BILD-Leute uns aber zugehört, anstatt ihre antilinken Ohren zuzuklappen, hätten sie verstanden, warum wir uns enthalten haben: Der Senat muss nach seinen eigenen Richtlinien eine entsprechende Straßenumbenennung nämlich ablehnen. So wie er auch einen „Hiroshima-Platz“ abgelehnt hat. Diesen Zusammenhang darzustellen, hätte das Niveau, das BILD ihren LeserInnen zutraut, aber wohl schon überstiegen.
Ich bin am zweiten Tag der Bürgerschaftssitzung dreimal ans Redepult gegangen und habe zu den zurückgezogenen Rechtsverordnungen zum neuen Heimrecht gesprochen, zu einem Antrag der GAL zum Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft und habe begründet, warum wir ausnahmsweise einem Antrag der GAL zur Zahlung von 190.000 Euro für ein Zentrum für traumatisierte Kinder und Jugendliche zustimmen, obwohl wir diese nach Gutdünken verteilten Gelder aus dem Sonderinvestitionsprogramm grundsätzlich ablehnen. Zum Antrag der GAL haben wir einen Zusatzantrag vorgelegt, der das Gleichstellungsgesetz konkretisiert. Er fand keine Mehrheit, weil die SPD sich enthalten hat.
Also, eine Liebesheirat wird das nicht zwischen SPD und GAL nach den Bürgerschaftswahlen, sollten die beiden koalieren. Eher eine Zweckgemeinschaft. Das aber sind Ehen ja meistens 😉
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