Ich kenne niemanden, der Olaf Scholz toll findet. Entweder die Leute erinnern sich noch an seine Zeit als Hamburger Innensenator (2001) und verbinden die Brechmitteleinsätze mit ihm. Oder aber sie erinnern sich an seine Zeit als Generalsekretär der SPD (2002-2004), als er sich als einer der Architekten der Rente mit 67 und der Agenda 2010 profilierte. Oder sie denken daran, als er Bundesarbeitsminister (2007 bis 2009) war und die Leiharbeit entgrenzte. Warum wollen so viele Menschen diesen Mann als Bürgermeister?
Am Info-Stand Osterstraße hörte ich, wie brave Bürgerinnen und Bürger reden. Nicht über Herrn Scholz. Sie schimpfen über den derzeitigen Bürgermeister-Amtsinhaber. Die CDU-Leute an ihrem Stand mussten sich viel anhören, auch Beschimpfungen. Böse Worte, frustrierte, enttäuschte. Erst die doofe Schulreform, dann haut Ole ab, dann kommt so ein stilloser Jurist, der sich selbst witzig, bürgernah und als Hälfte eines glamourösen Ehepaares empfindet, das sich im Vermehren übt und im Vier-Jahreszeiten possiert.
Über Olaf Scholz reden selbst die Sozis nicht viel. Er wohl auch nicht mit ihnen. Da gibt es den inneren Zirkel in der SPD, der über alles entscheidet – Personalien, KITA-Verträge, Schattensenatoren. Sie wissen vielleicht auch: Je mehr über ihren Kandidaten geredet würde, desto schechter wäre das für das Wahlergebnis.
Es gibt demnach nur einen Grund für die Prozente des Herrn Scholz: Die tiefe Sehnsucht in Hamburgs Bürgertum, die Amtszeit des 41-jährigen Heidelberger Trampeltiers Christoph Ahlhaus als Bürgermeister zu beenden.
Ich habe diese Sehnsucht auch, aber ich habe keinerlei Sehnsucht nach einem ebenfalls recht uncharismatischen Juristen, der uns bereits das Fürchten lehrte.
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