Ich sage mir vor jedem Urlaub, dass ich außer Erholung nichts weiter erwarte. Meistens aber passiert immer irgend ein Unfall, es befällt einen von uns eine Infektionskrankheit oder aber ich entdecke Gegenstände in Form von Kleidung, Schmuck oder Keramik.
Ich habe schon viele Urlaube gemacht. Meistens geht es in eine Städte wie Paris, London, Wien oder Quedlinburg, auf die Balearen oder an deutsche und dänische Küsten. Ost- und Nordsee sind immer schwierig zu planen in Bezug auf das Reisegepäck. Und weil ich immer erst am Urlaubsort merke, was ich alles nicht dabei habe, muss die Garderobe vervollständigt werden.
Das nutzen üble Geschäftemacher aus. Sie locken mit schönen Auslagen, entzückenden Objekten und der Botschaft: Das wird Dein neues Lieblingsstück! Ich habe schon viele Teile so erstanden. Mein Schrank ist angefüllt von Souvenirs, die man anziehen kann.
Fanø hat eine Straße, in der sich ein paar Geschäfte befinden. Merkwürdigerweise richten die sich mit ihren Öffnungszeiten nicht danach, wann ich dort entlang gehe. Sie sind außerdem fast an unterschiedlichen Tagen geschlossen. Einige öffnen um zehn, andere erst um elf Uhr. Die ersten schließen bereits um drei. Mit der sich im Kapitalismus ausbreitenden Konsumgeilheit und ewiger Kaufrauschlust hat das nichts zu tun. Erst später habe ich begriffen, dass die Öffnungszeiten perfekt an die Tagesgäste angepasst sind, die von Esbjerg rübersetzen.
Da ich nur eine Woche auf dieser Insel bin, in der ein Wochenende und ein Feiertag (Himmelfahrt) liegen, muss ich strategisch an diese Geschäfte herangehen und meine Saunagänge drumherum planen. Gleichzeitig sage ich mir: Du kaufst diesmal nichts! Du brauchst keinen weiteren Schal, keine Ohrringe, nicht noch ein T-Shirt, und vor allem keinen wunderschönknuddeligeneinzigartigendänischen Wollpullover! Also: Nur gucken! Anfassen erlaubt, mehr nicht!
Diese Strategie hat noch nie geklappt. Es ist wie mit dem Essengehen: Ich kann nicht in ein Restaurant gehen und nur am Wasser nippen. Ich kann mir kein Gericht nur angucken und daran schnuppern, aber nicht in den Mund schieben.
Es gibt jetzt einen von mir neu erdachten Plan, den ich ausprobiere: Wenn ich schon den Dingen erliege, kaufe ich wenigstens etwas Nützliches.
Was gibt es Nützliches auf Fanø? Schon am ersten Tag habe ich ihn beim Fahrradmieten entdeckt: Einen Fahrradhelm. Meiner ist nämlich 20 Jahre alt und schon so oft heruntergefallen, dass er mich bei einem Zusammenstoß mit einem Auto wahrscheinlich nicht mehr retten würde. Seine Ausmusterung war geplant.
Ich wollte das Exemplar, dass ich mir ausgesucht hatte, dann am letzten Tag erstehen. So der Plan. Doch ich holte ihn mir gestern. Warum? Weil während des Geschäftebummelns ein wunderbarknuddeligereinzigartigdänischer Wollpullover nach mir rief: „Kauf mich!“, Besitz mich!“, Ich will Dir gehören!“. Ich hielt mir die Ohren zu, stürmte aus dem Laden geradewegs zu dem Fahrradverleih und gab dem Mann hinter dem Tresen das Geld, das sonst im Wollladen gelandet wäre.
Helmi ist wunderschön. Metallic-rot, matte Nuance. Sitzt perfekt. Hat sogar einen roten Blinker auf der Rückseite, womit mein Kopf für von hinten heranbrausende Autos gut sichtbar ist. Er ist viel leichter als mein alter und hat vor allem eine kleine Klemme, die das Ausleihern des Gurtes verhindert.
Egal, dass er von einem deutschen Hersteller stammt und ich ihn in Hamburg vielleicht 50 Kronen (höhöhö) billiger bekommen hätte.
Der Wollpullover ist natürlich stinksauer. Aber er wird ein neues Opfer finden, da bin ich sicher. Noch in diesem Sommer wird er eine andere Touristin vollsäuseln. Es sei ihm gegönnt, da bin ich tolerant.
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