Folgende zwei Sätze aus dem grünen Wahlprogramm sind Anlass der ganzen Aufregung um den „Veggie-Day“: „Öffentliche Kantinen sollen Vorreiterfunktionen übernehmen. Angebote von vegetarischen und veganen Gerichten und ein Veggie Day sollen zum Standard werden.“
Zurück geht dieser Vorschlag auf eine an sich völlig bekannte und vernünftige Erkenntnis:
Wöchentlich werden in Deutschland ein bis zwei Kilo Fleisch gegessen. – Also einen ziemlich großen Haufen. Würde der sehr geringe Fleischkonsum von Kleinkindern und all denen, die heute schon selten Fleisch essen, sowie die Menschen die vegetarisch oder vegan leben bei der Rechnung berücksichtigt, würden noch ganz andere Fleischberge herauskommen. – Fakt ist:
- Diese Menge ist nicht gesund. 300 bis 600 Gramm pro Woche werden empfohlen. Versteckte Fette im Fleisch und vor allem rotes Fleisch steigern das Krebsrisiko. Ein gesteigertes Darmkrebsrisiko steht in engen Zusammenhang mit dem Fleischkonsum.
- Die heute verzehrte Menge lässt sich nicht mit artgerechter Tierhaltung erzeugen. Grausame Zustände in der Massentierhaltung und daraus folgende Belastungen des produzierten Fleisches sind notwendige Bedingungen für die Gewinnung solcher Fleischmassen.
- Und die Produktion solcher Mengen hat schädliche Auswirkungen auf das Klima und auf die Welternährung.
Das alles ist aber nicht neu und nicht besonders überraschend. Dennoch war die Presse der letzten Tage voll von völlig überzogenen Reaktionen, die eine Erziehungsdiktatur, Umerziehungsprogramme und die nahende Einführung von Lebensmittelkarten heraufbeschwören.
Das immer wiederkehrende Hauptargument:
„Wir lassen uns nicht diktieren was wir essen sollen.“ Oder anders herum ausgedrückt, „Ich kann selbst entscheiden, wann ich welche Lebensmittel zu mir nehme.“
Schön wär‘s.
Sind alle Lebensmittelskandale vergessen? Antibiotika im Fleisch, Dioxin in den Eiern, Aroma aus Sägespänen im Erdbeerjoghurt, Analogkäse, recyceltes Gammelfleisch gut gewürzt und in Schutzatmosphäre verpackt?
Dass wir selbst entscheiden können was wir essen, ist nicht wahr.
So werden auch viele Inhaltsstoffe verschleiert: Geschmacksverstärker werden als Hefe-Extrakt geführt und Zucker wird zu Glucosesirup.
In der Hühnersuppe reichen vier Prozent Fleisch, um den Titel zu rechtfertigen und erst seit 2010 muss Kalbsleberwurst wenigsten einen geringen Anteil von Kalbsleber enthalten.
Alle bisherigen Kontrollen der Lebensmittelherstellung, der Transporte und des Vertriebs können immer neue Skandale nicht annähernd verhindern. Zu groß sind die Profite, die generiert werden können, zu skrupellos manche Produzenten und zu zahnlos der Verbraucherschutz. Besonders bei verarbeiteten Produkten ist es für uns Verbraucherinnen und Verbraucher kaum möglich, die Herkunft und Verarbeitung sowie die verwendeten Inhaltsstoffe zu erkennen. Auch das Pferdefleisch in der Lasagne konnte erst durch aufwendige Gentests identifiziert werden. Wer von uns kann sein Essen kontrollieren? Wer kann wirklich wissen, ob und welches Fleisch er oder sie isst?
Wenn wir wirklich selber entscheiden wollen, was wir essen, brauchen wir endlich mehr Transparenz, bessere und verständlichere Kennzeichnungen und ein anderes Angebot.
Ein gutes und ausreichendes vegetarisches Angebot jeden Tag und ein Veggie-Day können unser Essen vielfältiger und gesünder machen. Die 30 Städte in Deutschland und die Unternehmen, die einen fleischfreien Tag in den öffentlichen Kantinen eingeführt haben, berichten übereinstimmend positiv von ihren Erfahrungen.
Und wer nicht mitmachen will, lässt es eben.
Und noch was zur Statistik. Laut Emnid unterstützen 53 Prozent den Vorstoß in Kantinen einen Veggie-Day einzuführen. Bei den 14- bis 29-Jährigen finden dass sogar 72 Prozent gut. Und wie zu erwarten war, finden Frauen den Vorschlag besser als Männer.* Interessant wird es, wenn nach der Parteizugehörigkeit gefragt wird: 87 Prozent der FDP Wähler lehnen den Vorschlag ab. Spätestens das sagt alles darüber aus, warum vor allem diese Partei so darüber hetzt.
Tiere essen ist sowieso grundlos. Außer vielleicht bei den Inuit. Oder kennt mensch einen vernünftigen Grund, Tiere zu essen? (Es schmeckt, ist kein vernünftiger Grund! Menschenfleisch schmeckt eventuell ja auch..)