Twitter ist manchmal nichts für schwache Nerven. Insbesondere wenn man sich denjenigen entgegenstellt, die sich legitimiert fühlen, die Deutungshoheit von Gewalt zu besitzen.
Am 18. März 2015, dem Tag der Proteste anlässlich der Eröffnung des Gebäudes der Europäischen Zentralbank in Frankfurt, randalierten jede Menge Menschen in der Frankfurter Innenstadt. Sie zündeten Polizeiwagen an, sie errichteten Straßenbarrikaden, sie warfen Feuerwerkskörper. Viele Polizeibeamt*innen wurden verletzt. Diese Leute waren nicht Teil der Proteste des Blockupy-Bündnisses.
Doch wie das diese Art Exzesse so an sich haben, finden sie einen größeren Wiederhall in den Medien als die Proteste der tausenden Menschen, die gekommen waren, um gegen die EZB zu demonstrieren. Allein die Motive brennender Autos schüren Emotionen und sichern den Medien die Deutungshoheit.
Die Ausschreitungen rufen berechtigte Wut hervor. Und sowohl die Organisator*innen als auch Redner*innen der Proteste haben sich richtigerweise umgehend distanziert. Nur noch relativ leise war leider die Kritik an der Polizeistrategie zu vernehmen, die aufgrund ihrer Präsenz und ihres Verhaltens die Eskalation mit hervorgerufen hat. Sobald Polizeiwagen brennen, sind alle sachlichen Dialoge unmöglich, weil diese Bilder alles dominieren. Ein anders Wort für dafür wäre Kriegsberichterstattung.
Es ist immer das Gleiche. Und es empört zu Recht viele Menschen. Die absolute Mehrheit will ihren Widerstand durch den Gang auf der Straße verdeutlichen, doch sie werden durch das Getöse von angereisten Gewaltaktivist*innen nicht mehr nur nicht wahrgenommen. Sie werden zur Kulisse. Und der Anlass, die unsoziale, menschenverachtende Politik der Europäischen Zentralbank und ihres Repräsentanten, Mario Draghi, geraten in den Hintergrund. Ich fand es daher wichtig, das Reizreaktionsschema zu durchbrechen und habe um 9.42 Uhr einen Tweet abgesetzt:
Dieser Tweet hat Zustimmung wie auch Kritik ausgelöst. Zwei kritische Reaktionen:
Es liefen weitere kritische wie auch befürwortende Tweets in meiner Timeline auf. Am späten Nachmittag dann wurde dieser Tweet abgesetzt:
Völlig entrückt folgten eine Reihe weiterer Unterstellungen und Beschimpfungen. Offenbar war ich in ein Netzwerk von Twitterern geraten, denen jede differenzierte Sicht auf Gewalt fehlt. Ein Tweet, der am späten Abend abgesetzt wurde, hat mich dann doch entsetzt:
Wie bei fast allen Personen, die auf mich eingehen, habe ich auch ihm geantwortet – und gegengehalten. Das war ihm offenbar zu viel. Er schrieb in den frühen Morgenstunden:
In einem weiteren Tweet hat er dann noch als Hashtag meine Arbeitgeberin genannt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt … Dem Vernichtungswahn meiner Person scheinen überhaupt keine Grenzen mehr gesetzt gewesen zu sein.
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