Heute wurde das neue Wohnhaus für obdachlose Frauen in der Notkestraße gefeiert. Eingezogen sind die 16 Frauen, für die hier Platz geschaffen wurde, bereits seit Februar. Aber erst jetzt, wo das Wetter schön ist, sollte das neue Haus auch gefeiert werden. Ich bin gerne dazu gekommen und habe als Geschenk eine Matrjoschka übergeben, die ich vorletzte Woche aus Belarus mitgebracht hatte.
Das neue Haus von fördern und wohnen hat mehrere Wohnungen. Mit Balkonen. Vier Frauen wohnen jeweils zusammen, teilen sich eine Küche und ein Bad. Es sind Frauen unter 25 Jahren, die jetzt einen Hausgemeinschaft bilden. Als ich vor einigen Monaten die Frauenobdachlosenunterkunft besucht hatte, stand noch der nackte Betonbau. Jetzt ist das Haus nach nur einem Jahr Bauzeit fertig.
Viele Gäste waren gekommen, vor allem Unterstützerinnen und Unterstützer der öffentlich finanzierten Einrichtung. Ärztinnen und Sozialarbeiterinnen, die ab und zu Sprechstunden abhalten, um aufsuchend zu helfen. Ein Polizeibeamter vom benachbarten Revier. Und auch Staatsrat Pörksen von der Sozialbehörde war da und hielt eine kleine Rede. Einige Bewohnerinnen hatten sich dazugesellt. Ich setzt mich zu ihnen an den Tisch und wir klönten miteinander. Sie freuten sich ganz offensichtlich über die Abwechslung und das leckere Buffet.
An einer kleinen Führung habe ich dann noch teilgenommen, besonders hat mir die Kleiderkammer gefallen, die gemütlich zurecht gemacht ist. Eine Lichterkette lief auf dem Boden entlang, wie Sofas standen vor den Regalen, in die säuberlich Pullover, Hosen und T-Shirt gelagert waren. Brillen und Blusen waren extra aufgehängt. Es wird noch ein Name gesucht. Ich habe „Modesalon“ vorgeschlagen.
Mein Eindruck: Der Umgang mit den Frauen, die eine äußerst schwierige Lebenslage haben, erfolgt sehr wertschätzend und akzeptierend. Frauenobdachlosigkeit ist ein tabuisiertes Thema, sie findet in der Öffentlichkeit nicht statt. Ich muss aber auch sagen: Es müsste viel mehr für diese Frauen getan werden. Die Grenze der Verwahrlosung ist fließend, aber es nicht nicht ausreichend Personal da, um eine wirklich optimale Betreuung zu gewährleisten. Diejenigen, die da sind, leisten Unglaubliches!
In der Notkestraße leben vor allem Frauen, darunter viele Afrodeutsche, die die Gesellschaft aus verschiedensten Gründen nicht mehr teilhaben lässt. Sie finden hier ein Dach über dem Kopf und Ansprache und Betreuung. Die Mehrheit von ihnen ist nicht mehr jung. Die meisten sind psychisch krank. Sie sind alleinstehend und völlig verarmt. Daher gilt mein Dank allen, die sich um diese Frauen kümmern. Sie sind nicht allein.
Du äußerst in Absatz 2 „Es sind Frauen unter 25 Jahre, die jetzt eine Hausgemeinschaft bilden.“ Im letzten Absatz schreibst Du „Die Mehrheit von ihnen ist nicht mehr jung.“
Mich würde schon interessieren, wie alt die dort betreuten Frauen nun wirklich sind. Bisher sind mir überwiegend ältere bis alte obdachlose Frauen in der Stadt aufgefallen. Vielleicht können die Jüngeren ihre Situation besser kaschieren, bzw. am Hauptbahnhof kann ich die Situation, der sich dort aufhaltenden, Frauen/Mädchen nicht so recht durchschauen. Das Haus Notkestraße scheint mir sehr gelungen für die Frauen, für obdachlose Männer funktioniert sowas aber bestimmt nicht. Die benötigen ihren ureigenen Bereich, kann gerne sehr klein sein. Z. B. darf deshalb die Unterkunft Rehhoffstraße nicht aufgegeben werden. Sonst haben wir noch mehr Obdachlose auf der Straße.
Insgesamt benötigen wir vielmehr betreute Unterkünfte ohne großen Komfort mit begleiteter steigender Selbstverantwortung.