Das Kulturhaus Eppendorf ist ein Begegnungszentrum, in dem ziemlich viel los gewesen ist, als ich Donnerstagnachmittag dort ankam. Kinder rasten durch die Gänge, und die BesucherInnen meiner Veranstaltung hatten sich schon Plätze ausgesucht. Wir hatten Seniorinnen und Senioren eingeladen, um mit ihnen – bei Kaffee und Kuchen – über ihre Themen zu sprechen.
Und sie kamen. Die Tische waren gut besetzt. BewohnerInnen aus den umliegenden Stiften hatten unsere Stellschilder gesehen, unsere Einladungen erhalten und waren auch persönlich von Mitgliedern aus dem Bezirk Nord eingeladen worden.
Ich gab eingangs einen Impuls mit ein paar Zahlen, die ältere Menschen in Hamburg betreffen: Wie viele Ältere leben eigentlich in Hamburg, wie geht es ihnen, wie viele sind arm, wie viele pflegebedürftig? Viele schrieben fleißig mit. 430.000 Menschen, die in Hamburg leben, sind älter als 60 Jahre. 57 Prozent davon sind Frauen. Bei den über 80-Jährigen macht ihr Anteil 67 Prozent aus.
Acht Prozent aller Haushalte, in denen der HauptverdienerIn älter als 65 Jahre alt ist, müssen mit einem Einkommen von 900 Euro im Monat auskommen. Armutsgefährdet, nennt das der Senat. Ich nenne das arm. Die Armutsquote gibt der Senat derzeit mit 5,9 Prozent unter älteren Menschen an, durchschnittlich liegt sie in Hamburg bei 12,5 Prozent. JedeR weiß: Die Anzahl wird zunehmen.
Der Anteil der Personen über 65 Jahre, die für ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst aufkommen können, stieg von 2005 bis 2011 um 50 Prozent auf 8.343 Männer und 11.387 Frauen.
Die Differenzen im Einkommen der Renterinnen und Rentner haben zwischen Männern und Frauen eine Spanne von fast 60 Prozent. Das heißt: Frauen beziehen ein um knapp 60 Prozent geringeres Alterseinkommen als Männer. Diese Zahl wird aufgrund des gewachsenen Niedriglohnsektors weiter ansteigen. Die Reallöhne sind heute niedriger als im Jahr 2000.
46.000 HamburgerInnen sind derzeit pflegebedürftig, davon sind 68 Prozent Frauen. Wer pflegt? Zu 80 Prozent stellen Frauen die in der Langzeitpflege Berufstätigen.
Die Hamburger Morgenpost veröffentlichte am 12. Februar den „Atlas der Armut“. Der ergab: JedeR zehnte benötigt Hilfe von Staat, 224.400 Menschen haben Ende 2011 staatliche Sozialleistungen erhalten.
Auffällig ist die soziale Spaltung, die sich in Hamburg ganz extrem von Stadtteil zu Stadtteil zementiert: Wilhelmsburg, Veddel, Steilshoop, Jenfeld, Dulsberg sind die ärmsten Stadtteile, jedeR vierte gilt dort als arm. In Mitte, dem kinderreichsten Bezirk Hamburgs gilt in den armen Stadtteilen nahezu jedes zweite Kind als arm. Im Vergleich dazu: In Blankenese, Groß Flottbek und Othmarschen muss nur jedeR Hundertste Sozialleistungen in Anspruch nehmen.
Bei der Erwerbstätigkeit Älterer ergibt sich folgendes Bild: Bundesweit arbeiten 29,3 Prozent der 60- bis 64-Jährigen. Diese Beschäftigungsquote ist also einerseits recht hoch. Aber was für eine Arbeit machen sie? Nur 64 Prozent davon sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Und während bei den 60-Jährigen 43,1 Prozent erwerbstätig sind, sind es bei den 64-Jährigen nur 14,2 Prozent.
Die Teilnehmenden berichteten aus ihren Alltag: Eine Frau berichtete, die ihre Nachbarin schikaniert wird, aus ihrer – angeblich viel zu großen – Wohnung auszuziehen. Es wurde viele Fragen gestellt: Wie viele Wohnungen werden eigentlich gerade gebaut? Warum gibt es immer weniger Sozialwohnungen, und warum steigen die Mieten unaufhaltsam? Die Wohnungsfrage war insgesamt sehr bedeutsam, und es gab große Zustimmung bei der Einschätzung, dass die Alten an den Rand der Stadt gedrängt werden. Zu Recht, denn durch die Gentrifizierung steigen die Mieten in den innerstädischen Bereichen. Diese können die Älteren mit kleinen Renten nicht bezahlen.
Aber auch Themen wie eine viel zu kurze Grünphase an einer Ampel wurde thematisiert. Darum wird sich unsere Bezirksfraktion kümmern.
Das Ehrenamt spielte ebenfalls eine große Rolle: Was kann ich einbringen, wo werde ich gebraucht, wann werde ich ausgenutzt, wie erfahre ich Wertschätzung? Ich war berührt, wie Teilnehmerinnen berichteten, wie sie sich um ihre Nächsten kümmern. Dieses Engagement ist unschätzbar und wird doch kaum registriert.
Auch meine Berichte aus dem Rathaus stießen auf Interesse. Einige möchten in die Bürgerschaftssitzung kommen. Ich fühle mich bestätigt: Die Generation, die jetzt im Ruhestand lebt, hat einen reichen Erfahrungsschatz und möchte sich nach ihren Möglichkeiten einbringen. Das sollte nicht vergessen oder übersehen werden.
Schreibe einen Kommentar